Über die Organisation von Dialektikerinnen und Dialektikern
Keinem Menschen wird abgenommen, selbst zu denken. Irgendwann macht er dabei die Erfahrung, dass er zwar selbst denkt, aber dieses Denken Resultat eines Miteinanderdenkens ist. Sein eigenes Denken hat eine gesellschaftliche Prägung. Von da an steht die Frage im Raum, sich organisiert über das Denken Gedanken zu machen – etwa in der Gesellschaft für dialektische Philosophie.
Dialektik ist ein Denken von Bewegung, das selbst in Bewegung ist. Sie ist also eine Methode, die sich fortwährend entwickelnde Welt in fortwährender Entwicklung zu denken. Ihre Begriffe sind daher in sich selbst beweglich, und zusammen entwerfen sie ein bewegliches Modell der gegenwärtigen Welt.
Die Beweglichkeit dialektischen Denkens drückt sich ebenso in dessen Geschichte aus. Es beginnt im europäischen Kulturkreis im antiken Griechenland mit Parmenides und Heraklit. Markante Stationen sind die Überlegungen des alten Platon, Aristoteles‘ Systematik, die Schriften von Nikolaus von Kues, Gottfried Wilhelm Leibniz und Georg Wilhelm Friedrich Hegel.
Für die Gesellschaft für dialektische Philosophie endet die Entfaltung dialektischen Denkens damit nicht. Karl Marx und Friedrich Engels ändern den Charakter dialektischen Denkens grundlegend. Marx‘ Notiz, dass die Philosophen die Welt bisher nur interpretiert haben, es aber auf deren Veränderung ankomme, macht das dialektische Denken zu einem Moment des Handelns. Wir Menschen sind in der Lage, mit der dialektischen Philosophie einen Generalplan zur zweckmäßigen Veränderung gesellschaftlicher Praxis zu entwerfen.
Unter den marxistischen Philosophen nach Marx und Engels, nach Lenin, Gramsci, Lukács, Bloch und vielen anderen ist einer besonders hervorzuheben: Hans Heinz Holz. Mit dem 2011 Verstorbenen ist der Gedanke des Weltentwurfs in der marxistischen Theorie wieder stark geworden. Die Gesellschaft für dialektische Philosophie ist seinem Werk maßgeblich verpflichtet.
Die Gesellschaft für dialektische Philosophie ist dennoch keine Hans-Heinz-Holz-Gesellschaft. Ihr Gegenstand ist die gesamte dialektische Philosophie in allen Kulturkreisen. Ihre Aufgabe ist es, wissenschaftliches Interesse für dialektisches Denken zu wecken sowie dessen Geschichte in all ihren Facetten zu erforschen und es weiterzuentwickeln.
So ist Dialektik nicht allein für Philosophinnen und Philosophen interessant. Gerade in den Natur- und Gesellschaftswissenschaften tauchen Forschungsprobleme auf, die mit dialektischem Denken angegangen werden können. Das Verhältnis von Erfahrungswissenschaften, Mathematik und Philosophie steht im Fokus des dialektischen Denkens.
Die Organisation der Dialektiker sieht sich mitverantwortlich für die Wahrung und Erneuerung der gefährdeten menschlichen Existenzgrundlagen, für die Verhinderung von Krieg und für die Aufhebung jeglicher Unterdrückung von Menschen durch Menschen. Ihr philosophischer Zweck ist es, diese Ziele zu erreichen.
Die Gesellschaft für dialektische Philosophie bietet allen Menschen mit ernsthaftem Interesse am dialektischen Denken an, mitzumachen. Derzeit gibt es in Berlin, Hamburg und Wien Grundorganisationen, die sich regelmäßig zur Diskussion treffen; andere sind in Planung. Darüber hinaus veranstaltet die Gesellschaft jährlich eine Tagung und gibt die Zeitschrift „Aufhebung“ heraus, welche beide Hans Heinz Holz gewidmet sind.